Die Brennnessel als Heilpflanze

Sie ist eine derjenigen Heilpflanzen, die auch Menschen kennen, die sonst gar nichts mit Pflanzen zu tun haben – sie ist also sehr populär. Dabei denkt man wahrscheinlich eher an ihre brennenden und juckenden Eigenschaften oder ihre ausufernde Verbreitung im Garten und nicht an die immensen Heilkräfte der Pflanze. Über die Kräfte dieser Powerpflanze möchte ich hier berichten.

Die Pflanze gehört zu den Nesselgewächsen, auf lateinisch Urtica (urere = brennen). Man findet bei uns die große (Urtica dioica) und die kleine (Urtica urens) Brennnessel und sie ist überall verbreitet.
Sie kann gut als gesundes und kostenfreies Nahrungsmittel genutzt werden.

Inhaltsstoffe

Sie enthält viele Mineralien wie Magnesium, Kalzium, Silizium, Vitamin C (doppelt soviel wie in einer Apfelsine), Vit. A, Eisen und auch pflanzliches Eiweiß.

Im Frühling, steht sie voll im Saft und ist dann besonders zart und schmackhaft. Aber auch im Sommer findet man noch genügend zarte neue Blätter. Und dann kann man auch schon die noch grünen Samen mit ernten, um sie z. B. über den Salat zu streuen.

zwei Brennnesseln im Frühling von oben
Brennesseln vor der Blüte im Frühling.

In den Brennhaaren, die man bei näherer Betrachtung an Stängeln und Blättern sehen kann, stecken Histamin und Ameisensäure. Sie werden bei Berührung freigesetzt und führen zu dem bekannten Juckreiz und der Quaddelbildung.

Die Brennnessel, eine alte Heilpflanze

In der Volksheilkunde wird ihr Tee oder Saft gegen rheumatische Beschwerden, entzündliche Gelenkerkrankungen, entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege, auch Blasenentzündungen oder Nierengrieß eingesetzt.
Ich selbst hatte vor einigen Jahren am Gelenk des kleinen Fingers starke anhaltende Schmerzen, die mich sogar nachts quälten. Vermutlich war Kälteeinwirkumg der Auslöser.
Ich erinnerte mich daran irgendwo gelesen zu haben, dass es im Mittelalter wohl Menschen gab, die sich mit Brennnesselruten auspeitschten, um sich bei schmerzhaften Gelenkerkrankungen Linderung zu verschaffen.
Ich habe dann jedesmal, wenn ich an einer Brennnessel vorbei kam, meinen Finger an der Pflanze gestreift und das Jucken und Pieken ausgehalten. Innerhalb von 3 Wochen hatte ich keine Schmerzen mehr und das bis heute.

Tee, Frischpflanzensaft, Wurzel und Samen

Man benutzt hauptsächlich die getrockneten Blätter als Teezubereitung.
Dafür übergießt man einen Esslöffel getrocknetes Kraut und/oder Wurzel mit kochendem Wasser (250 ml) und lässt es 15- 20 Minuten ziehen.
Die Wurzel alleine kocht man 5 Minuten aus.
Für eine Einnahme empfiehlt sich 2–3 Mal täglich eine Tasse Tee bei akuten Beschwerden oder bei chronischen Erkrankungen für vier bis sechs Wochen zu trinken (z. B. bei schmerzenden Gelenken, zur Durchspülung bei Blasenentzündungen, bei gichtigen Ablagerungen in den Gelenken u.v.m.).
Auch zur allgemeinen Stoffwechselanregung (sogenannte Entschlackung oder Blutreinigung) im Frühjahr oder als Begleitpflanze in Fastentees ist die Brennnessel sehr geeignet.
Schwangere können wegen der erhöhten Wassereinlagerungen immer wieder mal eine Tasse von dem Tee trinken, denn die Pflanze entwässert stark und hat durch ihren MIneralienreichtum und das enthaltene Eisen einen weiteren Pluspunkt.

In der Zubereitung als Frischpflanzensaft kommt man in den Genuss der vollen Vitamine.
Wer sich keinen eigenen frischen Saft oder Smoothie herstellen will oder kann (siehe Rezepte), für den gibt es in Reformhaus oder Apotheke die Möglichkeit Frischpflanzensaft zu kaufen. Da der Saft das volle Konzentrat der Pflanze ist, reichen anfangs 2-3 Eßlöffel täglich. Später kann man auf 5 Eßlöffel erhöhen.

In der Volksheilkunde werden die Samen bzw. Früchte als Kräftigungsmittel benutzt, dass alle Lebensvorgänge und die Abwehrkräfte aktiviert.

Die Wurzeln kann man in der Apotheke kaufen, am besten pulverisiert oder man sammelt sie im Herbst und trocknet sie dann. Am häufigsten werden sie in Form von Kapseln oder Tabletten bei der gutartigen Prostatavergrößerung im Stadium I und II angewendet.

Achtung!
Bei Menschen, die an Wasseransammlungen aufgrund von eingeschränkter Herz-, und Nierentätigkeit leiden, ist die Brennnessel nicht angezeigt.

Die Brennnessel in der Homöopathie

Hier wird die kleine Brennnessel (Urtica urens) genutzt, hauptsächlich in niedrigen Potenzen wie D6 oder D12.
Die häufigsten Anwendungsgebiete sind:
Urtikaria (Nesselsucht)
Verbrennungen 1. Grades (Blasenbildung).
verringerte Milchbildung stillender Mütter.
schlechte Folgen von Muschelverzehr.
Rheumatische Schmerzen in rechtem Arm, Handgelenk, Knöcheln. Muskelschmerzen im rechten Arm wie zerschlagen.
Allgemein tritt eine Verschlechterung auf durch Schneeluft, Wasser, kühle feuchte Luft, Berührung.
(Quelle: W. Boericke homöopathische Mittel und ihre Wirkungen; C. Hering Guiding Symptoms)

Die Brennnessel als Nahrungsmittel

Heute entdeckt man den Wert der Brennnessel in der modernen Küche wieder, sie ist sozusagen der letzte Schrei.
Früher wurden die Blätter und auch die winzig kleinen Samenkörner der Brennnessel als Nahrung genutzt. Auch noch in der Notzeit der Nachkriegsjahre wurde sie geerntet, denn die Supermarktregale waren damals nicht zu jeder Jahreszeit prall gefüllt mit allen möglichen Gemüsesorten oder Früchten. Um die benötigten Vitamine und Nährstoffe nach dem Winter zu bekommen, griffen die Menschen im Frühling und Sommer auf die Wildpflanzen zurück.
Wenn man es ausprobiert, wird man überrascht sein, wie lecker das schmecken kann.
Am gesündesten ist der frische Verzehr, besonders wegen der enthaltenen Vitamine, die beim Kochen zerstört werden. Mit einem Wiegemesser kleingeschnitten oder mit der Nudelrolle gewalzt, werden die Brennhaare gebrochen und reizen nur noch minimal oder gar nicht mehr.
Allergisch reagierende Personen sollten allerdings vorsichtig sein, da das in der Pflanze enthaltene Histamin besonders in der frischen Pflanze unangenehm werden kann.

Brennnessel, Blätter und Samen im Sommer
Brennnesselpflanze im Sommer

Rezepte

Beim Sammeln achtet man am Besten immer darauf abseits der Straßen, in den eigenen Garten, den Wald oder in vor Hunden geschützte Parks zu gehen. Ich pflücke immer nur die obersten zarten Blätter und wasche die Kräuter gut.

Wildkräutersalat
Zusammen mit Giersch-, und Löwenzahnblättern, mit Gänseblümchen, Petersilie und Wunderlauchblättern.  Die sonnengelben Löwenzahnblütenblätter (schmecken leicht süßlich) und Gänseblümchenblüten können oben drauf gestreut werden.
Kinder, die immer gerne mitsammeln essen so einen Salat meistens gerne.
Schmeckt dieser Salat zu „grün“ oder nach zuviel Natur, kann man auch einen gekauften Salat, eine klein geraspelte Möhre, einen Apfel und Nüsse dazu geben. Die Variationsmöglichkeiten sind unerschöpflich und der eigenen Kreatitvität keine Grenzen gesetzt.
Die Brennnesselsamen enthalten pflanzliche Eiweiße und können über jeden Salat gestreut werden oder gleich in die Salatsoße mit eingearbeitet werden. Man kann sie gut trocknen und dann auch im Winter nutzen.

Saft
Superlecker ist ein Saft (mit einer Entsaftermaschine) aus Brennnesselblättern und Äpfeln hergestellt, den trinken sogar Kinder. Dafür einfach die Blätter in der Maschine entsaften und heraus kommt ein dunkelgrüner Saft. Danach die kleingeschnittenen Apfelstücke entsaften. Der Saft sollte sofort frisch getrunken werden, um die beste Wirkung zu haben.

Smoothie
Eine köstliche Zwischenmahlzeit, die wieder Energie gibt.
Dafür eine Handvoll zarter Blätter klein schneiden, kleine Stücke eines Apfels und einer Karotte dazu geben, mit ca. 200ml Wasser mischen und mit einen starken Mixer klein häckseln.

Suppe
In die klassische Gründonnerstagsuppe (neun Kräuter) gehört die Brennnessel auf jeden Fall mit hinein. Und natürlich kann man ein paar klein geschnittene Blätter vor dem Servieren auf jede Suppe streuen oder kurz unterrühren.

Gemüse
In Olivenöl oder Butter mit Zwiebeln gedünstet erhält man eine Art Spinatersatz und kann ihn zu Reis oder Kartoffeln geben

Knödel oder Bouletten
Einfach kleingehackte Brennnesselblätter oder die Samen zur Grundmasse dazu mischen.

Im Garten

Gartenbesitzer reißen sie meist aus und werfen sie als lästiges Unkraut weg. Das Ausreißen kann ich nachvollziehen, denn die Pflanze verbreitet sich unerbittlich über Wurzeln und Samen und lässt anderen Pflanzen kaum noch eine Chance.
Das Wegwerfen der Brennnessel würde ich allerdings fast als törichte Maßnahme bezeichnen. Man sollte die schönsten Blätter wie oben beschrieben nutzen und mit den restlichen Blättern kann man eine Brennnesseljauche herstellen.
Sie dient der Düngung und Kräftigung anderer Pflanzen im Garten. Man kann ab und zu dem Gießwasser etwas davon beigeben oder mit dem filtrierten Sud die Pflanzen zur Abwehrstärkung besprühen.
Dafür einen Haufen Blätter in einen Eimer geben und mit Wasser übergießen, 14 Tage stehen lassen und vor Nutzung abseihen.
Wegen starker Geruchsbelästigung empiehlt es sich die Jauche nur im Freien stehen zu lassen und einen Deckel auf den  Eimer zu legen.

Hat man einen großen Garten oder auch nur einen Blumentopf übrig (auf der Terrasse oder Fensterbank) sollte man ihr einen Platz geben, denn sie ist eine Futterpflanze für viele Schmetterlinge. Manche von ihnen ernähren sich sogar nur von der Brennnessel, wie der kleine Fuchs oder das Tagpfauenauge, um nur die bekanntesten zu nennen.

Insgesamt gesehen ist die Brennnessel eine vielfältige Pflanze, die überall zu finden ist und deren Heilkräfte man nutzen sollte.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die hier gegeben Empfehlungen keinen Arzt oder Heilpraktiker ersetzen können oder sollen. Bei Erkrankungen konsultieren Sie bitte immer einen fachkundigen Therapeuten.

Pia Mönch im August 2017