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Bitterstoffe und Gesundheit

Viele Menschen kennen nach dem Essen ein schweres drückendes Gefühl im Bauch oder Oberbauch, Müdigkeit, das Gefühl von aufgebläht sein, Rumoren im Darm oder vielleicht sogar Sodbrennen.
Oft hat man keine Zeit zu frühstücken, das Mittagessen wird schnell geschlungen, selbst kochen wird als anstrengend empfunden und man greift zu häufig auf ballaststoffarme Fertigprodukte oder fetthaltige und oft zuckrige Snacks zurück, um sich Energie zu holen.
Stress, Hektik und der Druck des Arbeitslebens mit Ängsten, Unsicherheiten oder vielleicht auch Sorgen und Belastungen im Alltags- oder Familienleben kommen dazu.
Zeit oder Lust für Bewegung hat man dann auch nicht mehr oder viel zu selten.
Das alles kann die Verdauung und das Immunsystem schwächen und durcheinander bringen.
Betroffene Organe wie z. B. Magen, Darm, Leber, Gallenblase oder Pankreas werden früher oder später in ihrere Leistung beeinträchtigt.
Dann können krampfartige Schmerzen, evtl. Übelkeit nach dem Essen, Sodbrennen, Reizmagen, Reizdarm, Blähungen, Verstopfungen oder dauerhafte Veränderungen des Stuhlgangs entstehen.
Auch andauernde Müdigkeit oder Lustlosigkeit und Leistungsschwäche entstehen möglicherweise als Folge eines gestörten Verdauungssystems.

Je nach Ursache, die immer abgeklärt werden sollte, können bitterstoffhaltige Heilpflanzen eine gute Hilfsmöglichkeit bei diesen Beschwerden sein.

Ich möchte hier ein paar Infos zu der gesundheitsfördernden Rolle von Bitterstoffen und ihren Wirkungen in der traditionellen Pflanzenheilkunde geben, wo sie eine wichtige Rolle spielen.

Was sind Bitterstoffe und wo kommen sie vor?

Man unterteilt sie in verschiedene Gruppen, je nach dem, ob sie überwiegend nur bitter sind oder ob sie auch zusätzlich ätherische Öle oder Scharfstoffe enthalten, die ihnen weitere positive Wirkungen verleihen.

Auf latienisch heißen sie Amara (bitter).
Bitterstoffe sind chemische Verbindungen und kommen in sehr vielen Pflanzen vor.

  • die stärkenden = amara tonica oder pura sind reine Bittermittel. Der berühmte (gelbe) Enzian gehört dazu oder auch der überall vorkommende Löwenzahn, die Wegwarte oder die Artischockenblätter. Außer dem bitteren Geschmack finden wir bei ihnen kaum weitere überzeugende Geschmackserlebnisse. Sie sorgen hauptsächlich dafür, dass unsere Magensaft- und Galleproduktion richtig gut in Schwung kommt und besonders Fett gut verdaut wird.
  • die aromatischen = amara aromatica enthalten neben den Bitterstoffen besonders die ätherische Öle. Diese Pflanzen riechen und schmecken aromatisch oder würzig und mehr oder weniger bitter. Durch die ätherischen Öle wirken sie neben der Verdauungsanregung entkrampfend und entblähend.
    Sie erreichen über ihren meist angenehmen Duft auch unseren Riechnerv und haben damit oft auch einen angenehmen Effekt auf unser Wohlbefinden.
    Hierher gehören z. B. die heimische Schafgarbe und viele Gewürzkräuter aus dem Mittelmeerbereich wie Bohnenkraut, Bsilikum, Oregano, Thymian, Rosmarin u.v.a.
  • die scharfen = amara acria wie z.B. Ingwer oder auch der Pfeffer schmecken bitter und scharf, oft auch aromatisch, würzig.
    Sie befördern besonders auch die Darmtätigkeit.
    Beim Ingwer fallen neben dem scharfen Geschmack vor allem die wohlriechenden ätherischen Öle auf und weniger die Bitterstoffe. Während bei vielen Gewürzkräutern dieser Gruppe, besonders, wenn man sie frisch kaut auch ihr bitterer Geschmack entdeckt werden kann.
    Eine Heilpflanze, die bitter, scharf und aromatisch schmeckt ist die Engelwurz.

Warum Bitterstoffe?

Schon im Mund regen sie die Sekretion der Verdauungssäfte an.
Der bittere Geschmack steigert die Magenbewegung und regt die Magen- und Gallensaftproduktion an.
Auch Leber und Pankreas werden stimuliert und beginnen mit ihrer Verdauungssaftproduktion. So kann die Nahrung im Darm gut aufgenommen und für unserern Körper optimal verwertet werden. Zusätzlich können sie, wenn sie z. B. ätherische Öle enthalten Blähungen vorbeugen oder entblähend und entkrampfend wirken.
Leider werden unseren Nahrungsmitteln heutzutage die Bitterstoffe weggezüchtet, weil viele Menschen den bitteren Geschmack nicht mögen. Aber in Chicorée, Radicchio oder in frischen Gewürzkräutern stecken sie noch drin – meiner Erfahrung nach besonders in den biologisch angebauten Pflanzen.
Im Frühjahr kann man an unbelasteten, ungedüngten Stellen selbst frische Wildkräuter ernten. Die zarten Blätter von Löwenzahn oder Scharfgarbe schmecken im Salat gemischt köstlich bitter. Das reinste Superfood!

Wann können Bitterstoffe helfen?

  • bei Appetitschwäche z. B. bei alten Menschen.
  • nach schwächenden Krankheiten z. B. Grippe, Covid19 u. a.
  • nach Operationen.
  • zur Regulation und Unterstützung der Darmtätigkeit nach dem Essen.
  • bei Druckgefühl im Oberbauch nach dem Essen
  • zur Vorbeugung von Gallensteinen, da die Fettverdauung harmonisiert wird
  • bei Stress haben viele Menschen keinen Appetit. Hier können Bittertropfen oder auch ein Tee helfen wieder mehr zur Ruhe zu kommen, da der parasympathische Nerv, der für Entspannung im geistigen Nervensystem sorgt, aktiviert wird.
  • zur allgemeinen Kräftigung und Stärkung des Immunsystems.
  • wenn Babys Koliken haben kann die stillende Mutter regelmäßig Tee aus Anis, Fenchel, Kümmel trinken oder damit vermehrt würzen.
  • bei Heißhunger auf Süßes ein paar Bittertropfen direkt auf die Zunge gegeben senken fast augenblicklich das Süßverlangen.
  • bei Menstruationskrämpfen die getrockneten Blätter und Blüten von Schafgarbe und Oregano im Tee einige Tage vorher und währenddessen trinken.

Ein Kräuterschnaps nach dem Essen räumt den Magen auf?

Das kennen viele von verschiedensten Kräuterlikören oder bitteren Schnäpsen, die vor oder nach dem Essen getrunken werden. Wobei allerdings der enthaltene Alkohol darin kontraproduktiv ist, weil er die Leber mit dem Abbau des Alkohols beschäftigt, anstatt mit der Verdauung.

Meine Empfehlung daher:
Eine Tasse bitteren Tee vor den Mahlzeiten oder zur Regulation der Darmtätigkeit nach dem Essen über 4 Wochen.
Dafür 1 gestrichenen Eßlöffel auf eine Tasse geben und mit kochendem Wasser übergießen. 15 Minuten ziehen lassen, danach abseihen.
Oder von der Bittertinktur 15-20 Tropfen vor den Mahlzeiten pur oder auf einen Eßlöffel mit Wasser geben.

Wussten Sie schon?
wenn wir unser Essen lange kauen (20-25 Mal), erleichtern wir uns den gesamten Verdauungsprozess ungemein.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Bitterstoffe den Appetit fördern.
Sie regen die Verdauungsprozesse des Magens, der Leber und des Darms an. Sie tragen damit zur einer besseren Verdauung, Resorption von Nahrungsbestandteilen und fördern und stärken so Gesundheit und Wohlbefinden.

!Achtung!
Bitterstoffhaltige Tees oder Tinkturen sollten bei Magenschleimhautentzündungen oder Sodbrennen nur sehr vorsichtig verwendet werden und bei Verschlechterung abgesetzt werden.

Wichtiger Hinweis

Alle hier gegebenen Hinweise dienen lediglich der Information und ersetzen keinen Besuch bei HeilpraktikerInnen oder ÄrztInnen.
Eine unsachgemäße Selbstbehandlung kann zu unerwünschten Wirkungen führen und die Erkennung und Behandlung von Krankheiten verzögern.

Fotos: Pia Mönch